1809 – 1850
In Übersetzungen von:
An Dante
1848
Damals,
als dich der „Schwarzen“ Muth vertrieben
Im
Bund mit einem Papst und dem Franzosen,
Verschrie
dein eigen Land den Heimatlosen
Als
niedern Schuft und Spießgesell von Dieben.
Nur
darum, weil dein Sinn zu stolz geblieben,
Um mit
dem Judas brüderlich zu kosen;
Denn
dessen Schaar hat stets dem Makellosen
Die
eignen schwarzen Sünden zugeschrieben.
So
werden wir heut des Verraths verklagt
Von
den Verräthern, die das Heil verschachern,
Uns
ihre Schmach zuwälzend unverzagt.
So
tröste du uns denn in dieser flachern
Und kleinern
Zeit, du, der uns überragt
An
Leiden, Muth, Genie und Widersachern.
1845?
Zählst
du, mein Freund, zu den berühmten Köpfen,
Gewinnst
du manche süße Frucht auf Erden,
Die
süßeste gewiß: belobt zu werden,
Belästigt
und begafft von allen Tröpfen.
Das
Schaf, das Schwein, nebst andern Gottgeschöpfen,
Die
zahlreich weiden in zufriednen Herden,
Zur
Krippe gehn sie ohne viel Beschwerden
Und
dürfen, sind sie müde, Athem schöpfen.
Doch
der Poet, der Zulauf hat von Weiten,
Gleicht
nur dem armen Esel auf der Gasse,
Den
Keiner füttern will und Jeder reiten.
Entweder
muß er unterm Druck der Masse
Den
Rücken biegen, oder auch beizeiten
Ausschlagen,
wie die andern seiner Rasse.
(1848)
Die
Mehrheit zwingt die Minderheit.
Sprichwort
Die Mehrheit
zwingt die Minderheit? Nun ja*
Gesetzt,
daß Thatkraft bei der Mehrheit sei;
Doch
steht die faul und tölpelhaft dabei,
So
ruft die Minderheit „Victoria!“
Wenn
dir ein Volk – odiosa nomina –
Ein
ganzes Volk nur besteht mit Geschrei,
So
ist’s so gut, als wärst du vogelfrei,
Tritt
ein Paar grober Bursche dir zu nah.
Nimm
an, vier Kerle prügelten dich hier,
Indessen
dort zweihundert „Hülfe!“ schrei’n,
Die
Händ’ im Schoß – mein Schatz, was hülf’ es dir?
Nicht
wahr, das „Ja“ wird nachdruckvoller sein,
Das
dir handgreiflich machen jene Vier,
Als
der zweihundert Gimpel zahmes „Nein.“
(1849?)
Glückselig
du, der auf der Lebensreise
Den
breiten Heerweg wandelt mit dem Schwarm,
Bergauf,
bergunter, ohne Furcht und Harm,
Gerecht
in allen Sätteln, glatt und leise.
Früh
bei der Cour, Nachts in illüstrem Kreise,
Und
morgen mit Jesuiten Arm in Arm,
Und
übermorgen, werder kalt noch warm,
Der
alte Kreislauf in dem alten Gleise.
Denn
wenn dies Schaukeln auch gewissen Leuten,
Die
auf Plutarch und alte Muster blicken,
Den
Magen umkehrt, - was will das bedeuten?
Laß
dir von Narren nicht am Zeuge flicken,
Und
treib’s so fort; bei Feinen und Gescheuten
Heißt
das ja nur, „sich in die Zeiten schicken“.
(1844)
Grossi,
nunmehr, mit fünfunddreißig Jahren,
Vergehn
mir allgemach die alten Possen.
Die
Thorheit, die einst üppig aufgeschossen,
Wird
jetzt gezähmt von ein’gen weißen Haaren.
Die
Zeit beginnt nun Schritt mit uns zu fahren,
Halb
Poesie, halb Prosa, unverdrossen
In Arbeit
und mit fröhlichen Genossen,
Theils
in der Welt. theils bei den eignen Laren.
So
geht es fort und sachte sacht bergab,
Bis
dann der Tod beschließt die abgethane
Komödie,
die uns oft zu lachen gab.
Und
wohl mir, wenn vom Erdenweh und –Wahne
Nur
übrig bleibt ein Stein auf meinem Grab,
Auf
den man schreibt: „Nie wechselt’ er die Fahne.“
(1837)
Wie
schon der Welt entrückt und ihrer Qual,
Verzückt
in Den, der noch am Kreuz verziehen,
Sanft
überläßt sie ihren Leib den Knieen
Und
faltet still die Hände, schlank und schmal.
Ein
müder Schmerz, ein Wille sonder Wahl
Scheint
durch die schönen Glieder hinzuziehen,
Doch
aus dem geist’gen Auge, dem verliehen,
Gott
anzuschau’n, blitzt der Verklärung Strahl;
Als
spräche sie: Wenn alle Süßigkeit
Mich
trog und dieses Leben voll Beschwerde
hinschwindet,
das der Hoffnung war geweiht,
Dann
flüchtet mit vertrauender Geberde
Die
Seele, Herr, zu dir und ruht vom Streit
In
einer Liebe, nicht von dieser Erde.
(1845?)
In
dunkler Nacht, auf menschenleeren Wegen
Lenkt’
ich zu deinem Haus die Schritte wieder.
In
Liebeszweifeln lag mein Mut danieder,
O
aller Schönheit Blume, deinetwegen!
Und
schon von ferne klangen mir entgegen
Gedämpftes
Saitenspiel und süße Lieder,
Daß auf
der Sehnsucht zitterndem Gefieder
Die
Seele floh, sich an dein Herz zu legen.
Und
Seufzer schienen deine Brust zu dehnen,
Indem
du sangst, und voll ins Wort ergossen
Ein
Herz, das ringt mit seinem tiefsten Sehnen.
Ach,
wohl um mich, dem deine Thür verschlossen,
Ward
deine Wange überströmt von Thränen,
Daß
meine Thränen micht mehr einsam flossen.
(1831)
Als
Kinder pflegt’ uns liebevoll und sacht
Dasselbe
Wiegenlied in Schlaf zu singen,
Es war
dieselbe Brust, an der wir hingen,
Dasselbe
Linnen deckt’ uns Tag und Nacht.
Was
hat dir die Gemeinschaft leid gemacht,
Daß
höher dich entführten deine Schwingen?
Das
letzte Brod des Alters dir zu bringen,
O
Schwester, hatt’ ich mir so schön gedacht!
Vom
Tisch hier unten hast du dich erhoben
Vor
mir, und schauend Gottes Herrlichkeit
Schzlürfst
du beim sel’gen Mahl der Engel droben
Vergessen
alles Jammers dieser Zeit;
Und
ich indes muß täglich neu erproben
Des
trostlos schwanken Lebens Bitterkeit